Das Ende der jüdischen Gemeinde Frauenkirchen
Den von örtlichen Parteiformationen gelenkten, „wilden“ Ausschreitungen vom März 1938 folgten nun die von oberer Stelle organisierten Maßnahmen zur Zerstörung
der jüdischen Gemeinden. Diese trugen vielfach die Handschrift des Gauleiters Tobias Portschy, der in einer Rede am 25. März 1938 ankündigte, dass die „Juden aus
der Deutschen Volksgemeinschaft ausgeschlossen würden“. Früher als in anderen Bundesländern kam es im Burgenland zu Enteignung, Vertreibung und Deportation jüdischer Familien.
Ende April 1938 erhielten weitere 60 jüdische Familien aus Frauenkirchen die Aufforderung, ihren Heimatort innerhalb von 14 Tagen zu verlassen. Nachdem vergeblich
versucht worden war, Aufnahmeländer für die Frauenkirchner Juden zu finden, wurden sie unter Zwang nach Wien ausgesiedelt. Bis Ende Juni erhielten die letzten noch
verbliebenen Juden ihre Ausweisungsbefehle zugestellt. Mit nur kleinen Gepäcksstücken mussten sie sich am Bahnhof einfinden, um dort auf Viehwaggons geladen zu werden.
Bewohner mit ungarischer und slowakischer Staatsangehörigkeit wurden weiter über die Grenzen abgeschoben.
Am 13. August 1938 meldete das Gendarmeriepostenkommando Frauenkirchen, dass sich noch drei Judenfamilien und eine Jüdin in Frauenkirchen befänden. Unter den noch
Verbliebenen war die Apothekerfamilie Sugar, der von der Gestapo die Abwanderung erst erlaubt wurde, wenn ein neuer Apotheker gefunden werden konnte. Kurze Zeit später waren bereits alle jüdischen Bewohner vertrieben.
Die jüdische Gemeinde, die seit 1678 260 Jahre in Frauenkirchen bestanden hatte und für den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aufschwung der Marktgemeinde verantwortlich war, wurde in nur fünf Monaten Naziherrschaft ausgelöscht.
(© Herbert Brettl)
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